Artikel teilen:

Wie kann die Wärmewende gelingen? Unter dieser Fragestellung begrüßten die wissenschaftlichen Tagungsleiter Dr.-Ing. Jens zum Hingst (CUTEC Forschungszentrum der TU Clausthal und Energie-Forschungszentrum Niedersachsen (EFZN)) und Dr.-Ing. Martin Kleimaier (Energietechnische Gesellschaft im Verband der Elektrotechnik, Elektronik und Informationstechnik (VDE/ETG)) am 03. Dezember mehr als 140 Teilnehmerinnen und Teilnehmer zur 6. Dialogplattform Power-to-Heat. Aufgrund der Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie fand die Veranstaltung in diesem Jahr nicht wie sonst üblich in der Niedersächsischen Landesvertretung beim Bund in Berlin statt. Stattdessen boten das EFZN und die VDE/ETG den Teilnehmenden in einem Online-Format die Plattform, um wissenschaftliche Fragestellungen im Kontext von Power-to-Heat-Anwendungen zu diskutieren, neue Projekte, Produkte und Verfahren vorzustellen, sowie über Erfahrungen mit bestehenden Anlagen zu berichten.

Mit etwa 57 % Anteil am deutschen Primärenergiebedarf – davon etwa 80% aus fossilen Quellen – bietet der Wärmesektor enormes Potential für die Erreichung der Klimaneutralität der Energieversorgung, also noch deutlich vor der Defossilisierung des Verkehrssektors. Dies wurde in der ersten Hälfte der Veranstaltung noch einmal deutlich herausgestellt. Der erste Vortrag rückte einleitend die Frage in den Mittelpunkt, was hinsichtlich der Klimaziele im Wärmesektor bereits erreicht wurde und was darüber hinaus noch zu tun ist (Vortrag von Dr.-Ing. Serafin von Roon, FfE - Forschungsgesellschaft für Energiewirtschaft mbH). Darauf aufbauend wurden grundsätzliche Optionen zur Defossilisierung des Wärmesektors in einem integrierten Energiesystem aufgezeigt (Vortrag von Dr. Cyril Stephanos, acatech – Deutsche Akademie der Technikwissenschaften). Dabei wurde insbesondere die direkte Nutzung von Strom im Wärmemarkt mit der indirekten – also über Wasserstoff – verglichen. In einem darauf aufbauenden Beitrag wurde die Rolle von Wärmepumpen – elektrische und gasbetriebene – in den verschiedenen Transformationspfaden dargelegt (Vortrag von Dr. Christoph Kost, Fraunhofer ISE). Den Abschluss des ersten Blocks bildete ein Vortrag, der die regulatorischen Rahmenbedingungen von Power-to-Heat-Anwendungen in den Blick nahm und zu dem Ergebnis kam, dass eine grundlegende Überarbeitung des gesamten Umlagen- und Abgabensystems sowie der Netzentgeltsystematik notwendig sei (Vortrag von Dr. Malte Weitner, Oppenländer Rechtsanwälte). Um ein Level Playing Field der Sektoren und Technologien zu schaffen, müsse dieses sektorenübergreifend und vor allem zusammenhängend ausgestaltet sein. Derzeit herrsche ein Stückwerk von Regelungen zu verschiedenen Technologien, Energieträgern und Zielrichtungen vor, das eine technologieoffene Optimierung nicht zulasse.

Im zweiten Teil der Veranstaltung wurden Erfahrungen bei der Entwicklung und Simulation einer Hochtemperatur-Wärmepumpe zur Bereitstellung von industrieller Prozesswärme geteilt (Vortrag von Enrico Jende, DLR Cottbus/Zittau) und aus der Branchenstudie 2021 des Bundesverbandes Wärmepumpe berichtet, deren offizielle Veröffentlichung für Anfang kommenden Jahres vorgesehen ist (Vortrag von Lars Petereit, Bundesverband Wärmepumpe e. V. (BWP)). Den zweiten Schwerpunkt bildeten systemische Fragen. So wurde eine regionale und lokale Analyse von Sektorkopplungsoptionen vorgestellt (Vortrag von Dr. Anne Hagemeier, Fraunhofer UMSICHT) und aus dem Projekt „Intelligente Wärme München“, das die Flexibilisierung von Power-to-Heat-Anlagen im Kontext eines dezentralen Energiesystems erprobt hat, berichtet (Vortrag von Andreas Weigand, SWM Services GmbH).

Eine verstärkte interaktive Beteiligung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer fand durch ein Planspiel als Live Präsentation statt. Unter dem Titel „Energie für (m)eine Stadt: Wie ein breites Publikum die Herausforderung „Energiewende“ verstehen lernt“ lud Professor Christoph Pels Leusden von der Beuth Hochschule, Berlin, die online Anwesenden dazu ein, mit dem Smartphone per Abstimmung über verschiedene Fragen ein neues System zur Versorgung einer imaginären Kleinstadt mit Strom und Wärme zu entwickeln. Am Ende zeigte sich, dass die Schwarmintelligenz der Teilnehmenden an der 6. Dialogplattform Power-to-Heat im Vergleich zu anderen Gruppen, die das Planspiel zuvor durchgeführt hatten, zu sehr guten Ergebnissen führte. Insbesondere bei der erreichten CO2-Einsparung lag das Tagungspublikum mit dem von ihm entwickelten System vorn. Dieses Planspiel kann zum Beispiel auch in Schulklassen durchgeführt werden, um den Jugendlichen das Thema Energiewende und die hierfür notwendigen Optionen spielerisch zu vermitteln. Interessierte können sich direkt an Herrn Professor Pels Leusden wenden.

Obwohl das Online-Format den bisher bei dieser Veranstaltung üblicherweise im Mittelpunkt stehenden persönlichen Dialog nicht vollständig ersetzen konnte, wurde von der Möglichkeit, im Chat Fragen an die Referenten zu stellen und zu diskutieren, reger Gebrauch gemacht. Darüber hinaus wurden im Chat auch eigene Meinungen und Kommentare abgegeben und Hinweise auf themenrelevante Publikationen eingestellt. Insgesamt kam von den Teilnehmenden große Zustimmung zu diesem Online-Tagungsformat, das manchen die Möglichkeit bot, sich auch nur einzelne Vorträge anzuhören. Mit diesem positiv stimmenden Bild verabschiedeten die Tagungsleiter die Teilnehmenden bis zur hoffentlich im nächsten Jahr wieder in Präsenz in Berlin nahe an der Politik stattfindenden 7. Dialogplattform Power-to-Heat. Denn dass das Gelingen der Wärmewende weniger an technischen Innovationen krankt als am durch die Politik beeinflussbaren regulatorischen Rahmen, habe die diesjährige Veranstaltung wieder deutlich aufgezeigt.

Die freigegebenen Präsentationsfolien zu den Vorträgen finden Sie auf der Internetseite von VDE/ETG, zu der Sie hier gelangen.

 

Kontakt:

EFZN-Geschäftsstelle

Dr. Diana Schneider, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit,

diana.schneider@efzn.de

 

Artikel teilen:
Zurück