100 Jahre elenia, 100 Jahre Energieforschung
Das efzn gratuliert dem elenia Institut für Hochspannungstechnik und Energiesysteme der TU Braunschweig zum 100. Geburtstag.
Hundert Jahre elenia: Das bedeutet auch über ein ganzes Jahrhundert eine prägende Rolle in der Energieforschung in Braunschweig und im heutigen Niedersachsen – eine Rolle, die auch eng verknüpft ist mit dem Energie-Forschungszentrum Niedersachsen (efzn), nicht zuletzt durch gemeinsame Forschungsprojekte und das Engagement der elenia-Wissenschaftler:innen für das efzn.
So hatte Prof. Dr.-Ing. Michael Kurrat, der das elenia gemeinsam mit Prof. Dr.-Ing. Bernd Engel leitet, maßgeblichen Anteil daran, dass die TU Braunschweig zu den fünf Gründungsstandorten des efzn zählt. Außerdem waren bzw. sind beide Mitglied des efzn-Vorstands für den Standort Braunschweig: Michael Kurrat von 2008-2019, Bernd Engel in direkter Nachfolge seit 2019.
Ein aktiver Partner im efzn – von Anfang an
Aktuell ist das elenia Teil des interdisziplinären und standortübergreifenden Forschungsprogramms Transformation des Energiesystems Niedersachsen (TEN.efzn). Doch das Engagement des elenia im efzn geht zurück bis zu den Anfängen des Zentrums – und wurde geprägt von einigen wissenschaftlichen Meilensteinen:
Im "Forschungsverbund Energie Niedersachsen (FEN) – Dezentrale Energiesysteme" ging es von 2006 bis 2009 um Fragen der Energieversorgungstechnik und des Energiemanagements; und ganz speziell darum, dezentral erzeugte elektrische Energie in bestehende elektrische Netze einzubinden und zu verteilen.
Im Verbundprojekt „e-home Energieprojekt 2020“ von 2011 bis 2016 wurden die veränderten Aufgaben und Anforderungen an die Stromnetze untersucht, die durch die Integration dezentraler Erzeugungsanlagen und zusätzlicher Lasten in elektrischen Verteilnetzen entstehen.
Ziel des „Forschungsverbund Intelligente Netze Norddeutschland (SmartNord)“ von 2012 bis 2015 war es, die intelligente Energieversorgung und somit eine Voraussetzung für die Energiewende zu erforschen. Dabei ging es im Kern um die Frage, wie intelligente Stromnetze (sogenannte „Smart Grids“) den Ausbau Erneuerbarer Energien fördern können.
Das Forschungsprojekt „NEDS - Nachhaltige Energieversorgung Niedersachsen“ (2015 bis 2019) hatte das Ziel, Szenarien einer für das Jahr 2050 nachhaltigen und auf erneuerbaren Energien basierenden Stromversorgung für Niedersachsen zu entwickeln und zu überprüfen sowie technisch umsetzbare und unter Nachhaltigkeitskriterien optimale Transitionspfade zur Erreichung dieser Zielvorgaben zu bestimmen.
- Das efzn-Leitprojekt „SiNED – Systemdienstleistungen für sichere Stromnetze in Zeiten fortschreitender Energiewende und digitaler Transformation“ (2019 -2024) beabsichtigte, die bisherigen Systemdienstleistungen für zukünftige Stromnetze weiterzuentwickeln und an die durch die Digitalisierung und fortgeschrittene Energiewende veränderten Anforderungen und Möglichkeiten anzupassen.
Im Forschungsprogramm Transformation des Energiesystems Niedersachsen (TEN.efzn), das von 2024 bis 2029 läuft, entwickeln 180 Wissenschaftler:innen von insgesamt 18 Forschungspartnern Lösungen für das klimaneutrale Energiesystem der Zukunft – mit einer breiten Perspektive für die praktische Umsetzung. Ein Alleinstellungsmerkmal dabei: das Zusammenspiel von technisch-naturwissenschaftlicher Energie- und sozialwissenschaftlicher Transformationsforschung.
„Das traditionsreiche elenia hat die Entstehung und die strategische und thematische Ausrichtung des efzn von Beginn an mitbestimmt – und ist seither ein unverzichtbarer Partner und beständiger Ideengeber in der gemeinsamen niedersächsischen Energieforschung“ , so efzn-Vorstandssprecher Prof. Dr. Sebastian Lehnhoff.
Forschung zur elektrischen Energieversorgung im 21. Jahrhundert
Die Forscher:innen des elenia beschäftigen sich mit den technischen und wirtschaftlichen Herausforderungen der elektrischen Energieversorgung im 21. Jahrhundert. In den drei Forschungsschwerpunkten Aktives Verteilnetz, Elektromobilität und Komponenten der Energieversorgung bearbeiten sie viele verschiedene aktuelle Fragestellungen. Schwerpunkte sind dabei etwa die Integration erneuerbarer Energien in das zukünftige Energieversorgungssystem, das Ladeverhalten von Elektrofahrzeugen und die Analyse von Schaltgeräten.
Für Prof. Dr.-Ing. Bernd Engel, Teil der Doppelspitze des elenia und efzn-Vorstandsmitglied steht fest: „Energieforschung ist heute relevanter denn je – und die rasant zu vollziehende Transformation und Dekarbonisierung unseres Energiesystems bringt viele neue und spannende Fragestellungen und Herausforderungen mit sich. Ich denke, ich kann daher beruhigt sagen: Wir haben genügend Forschungsaufgaben und -ideen für die nächsten hundert Jahre.“
Zur Historie des elenia-Instituts
Die Erfolgsgeschichte des Instituts begann bereits in der Gründungsphase in den 1920er Jahren mit der Berufung des Dresdner Ingenieurs Erwin Marx. Er war der Erfinder des Marx-Generators zur Erzeugung von Stoßspannungen, mit dem die Spannungsfestigkeit von Isolierstoffen zuverlässig geprüft werden konnte. Erwin Marx wurde 1925 auf den Lehrstuhl für Hochspannungstechnik berufen, machte das Institut international bekannt und Braunschweig zu einem Zentrum der Hochspannungstechnik.
Seine Berufung bedeutete den entscheidenden Schritt hin zu einer eigenständigen elektrotechnischen Abteilung, die sich vom Maschinenbau löste. Unter Rektor Carl Mühlenpfordt erhielt die Elektrotechnik ein neues Institutsgebäude mit modernen Laboren, Werkstätten und einer 14 Meter hohen Hochspannungshalle. Die Eröffnung 1929 wurde groß gefeiert, u.a. mit Vorträgen und spektakulären Experimenten, die Marx mit Millionen-Volt-Funken inszenierte.
Die großzügige bauliche Ausstattung ermöglichte erstmals Großversuche unter realistischen Bedingungen. Der Neubau symbolisierte mit Blick auf die Wichtigkeit der Elektrotechnik für die industrielle Entwicklung nicht nur einen wissenschaftlichen, sondern auch einen gesellschaftlichen Aufbruch.
Während des Dritten Reichs wurde Marx zu einer sichtbaren Figur der NS-Hochschulpolitik. Viele seiner Projekte wurden direkt in die militärische Kriegswirtschaft integriert und hatten strategische Bedeutung.
Wichtige Forschungsstätten in der Nachkriegszeit waren die Außenstelle Hallendorf (1962–2007) mit Plasmaphysik und Fusionsforschung sowie Kooperationen mit der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB). Unter Dieter Kind und seinen Nachfolgern wurde die Forschung neu auf Kunststoffisolierungen, Schaltertechnik und elektromagnetische Verträglichkeit ausgerichtet. Damit verschob sich das Institut von der klassischen der klassischen Hochspannungstechnik hin zu neuen Anwendungsbereichen.
Mit Michael Kurrat und Bernd Engel orientierte sich das Institut ab dem Jahr 2000 an den Herausforderungen der Energiewende: Netzausbau, Elektromobilität und dezentrale Energiesysteme. Die Ausrichtung auf Nachhaltigkeit brachte neue Kooperationen mit Politik, Industrie und kommunalen Akteuren. Gleichzeitig wuchs die Zahl der Mitarbeitenden und Drittmittel erheblich. So positioniert sich das Institut als wichtiger Akteur im Umbau der Energiesysteme des 21. Jahrhunderts.
Die vollständige historische Betrachtung des elenia von Prof. Christian Kehrt, Abt. für Wissenschafts- und Technikgeschichte, Institut für Geschichtswissenschaft, TU Braunschweig finden Sie unter diesem Link.
Im Rahmen des Festakts am Institut gratulierte auch efzn-Vorstandssprecher Prof. Dr. Sebastian Lehnhoff zum elenia-Jubiläum und beleuchtete wichtige Meilensteine der Zusammenarbeit im efzn. Im Bild: Prof. Dr.-Ing. Bernd Engel, Prof. Dr. Sebastian Lehnhoff und Prof. Dr.-Ing. Michael Kurrat. Foto: © Magdalena Pape, elenia Institut.