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17. Niedersächsische Energietage

Ergebnisdokumentation

Belastung oder Booster – so einfach ist es nicht, auch wenn der aktuelle öffentliche Diskurs dies glauben machen will. Wettbewerbsfähigkeit gegen Energiewende, Standortpolitik gegen Klimaschutzpolitik, Wachstum gegen Wandel. Die öffentliche Debatte ist geprägt von scheinbar unvereinbaren Gegensätzen – doch die Realität ist weitaus vielschichtiger. 

Sich diesen vermeintlich unauflösbaren Gegensätzen mit sachlich-wissenschaftlichem Blick nähern, Perspektiven intensiv und differenziert beleuchten und diskutieren; wenn möglich, sogar eine Brücke schlagen zwischen den scheinbar unvermittelbaren Positionen: Das war das Ziel der diesjährigen Niedersächsischen Energietage (NET) am 2. und 3. Dezember 2025 in Hannover. 

📅 Jetzt schon vormerken: Die 18. Niedersächsischen Energietage finden im 4. und 5. November 2026 in Hannover statt.

Über die Veranstaltung

Rund 200 Energie-Expert:innen und Interessierte aus Gesellschaft, Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Wissenschaft ließen sich die Gelegenheit nicht entgehen, das brandaktuelle Thema der diesjährigen NET im Alten Rathaus in der niedersächsischen Landeshauptstadt intensiv, kritisch und fundiert zu diskutieren. Die persönliche Vernetzung kam natürlich auch nicht zu kurz.

Bestandsaufnahme zum Auftakt

Prof. Dr. Sebastian Lehnhoff, Vorstandssprecher des efzn, eröffnete die NET mit einem Impulsvortrag zum Stand der Transformation des Energiesystems und dem Stand der Diskussion zur Frage „Belastung oder Booster für den Standort Deutschland?“. Dabei machte er bereits klar, dass es eine einfache Antwort auf diese komplexe Frage nicht gäbe – was sich auch in den Ergebnissen der zahlreichen wissenschaftlichen Studien zur Energiewende spiegele.

Diese kämen je nach Ausrichtung und zugrunde gelegten normativen oder explorativen  Szenarien zu deutlich unterschiedlichen Ergebnissen, was letztlich auch zu einem aktuellen Forschungsprojekt geführt habe: In SCOPE.efzn ordnet das Energie-Forschungszentrum Niedersachsen gemeinsam mit dem Institut für Solarenergieforschung (ISFH) und dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) verschiedene Leitstudien ein und stelle deren unterschiedliche Annahmen einander gegenüber. 

Niedersachsens Minister für Wirtschaft, Verkehr und Bauen, Grant Hendrik Tonne, war in diesem Jahr Schirmherr der NET. Im Rahmen der Veranstaltung ordnete Matthias Wunderling-Weilbier, Staatssekretär im Niedersächsischen Wirtschaftsministerium, das Thema der Tagung folgendermaßen ein: 

„Niedersachsen hat sich in den vergangenen Jahren eine führende Position in der Energiepolitik erarbeitet. Der Ausbau Erneuerbarer Energien setzt dabei entscheidende Impulse für wirtschaftliche Entwicklung, technologischen Fortschritt und nachhaltige Versorgung. Unsere Wind- und Hafenstandorte sowie Forschungseinrichtungen schaffen dafür Voraussetzungen, die bundesweit Maßstäbe setzen.

Überall im Land zeigt sich derselbe Effekt: Wo Projekte umgesetzt werden, entstehen Arbeitsplätze, regionale Wertschöpfung und stabile Versorgungssicherheit. Niedersachsen beweist täglich, dass Transformation Realität ist – getragen von engagierten Kommunen, innovativen Unternehmen und einer starken Wissenschaft.

Entscheidend ist jetzt, dass wir dieses Momentum mit verlässlicher Politik weiter stärken: Wenn wir den eingeschlagenen Kurs im engen Schulterschluss entschlossen fortsetzen, wird die Energiewende zu einem langfristigen Wettbewerbsvorteil für unser Land.“

Ein vielfältiges Panel für vielseitige Perspektiven auf die Energiewende

Spannende Statements bekamen die Tagungsteilnehmer:innen auch im Zuge der folgenden intensiven Paneldiskussion zu hören. Dort tauschten sich der Niedersächsische Minister für Umwelt, Energie und Klimaschutz, Christian Meyer, Tobias Averbeck, als Bürgermeister der Gemeinde Bakum, Bianca Beyer, als stellvertretende Hauptgeschäftsführerin der Unternehmerverbände Niedersachsen (UVN), Stefan Dohler als Präsident des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) und Vorstandsvorsitzender der EWE AG, sowie Prof. Dr. Sebastian Lehnhoff als Vorstandssprecher des efzn und Matthias Otte, Abteilungsleiter Ausbau Stromnetze bei der Bundesnetzagentur, aus. 

Umweltminister Meyer betonte: „Die Energiewende ist eine Riesenchance und nicht nur ein Klimaschutz-Projekt. Sie ist eine Investition in die Zukunftsfähigkeit unseres Landes – ökonomisch, technologisch und letztlich auch sicherheitspolitisch. Eine konsequente Umstellung auf Erneuerbare Energien ist kein Kostenrisiko, sondern ein Stabilitätsgewinn und bietet enormes Wertschätzungspotenzial. Sie macht Deutschland unabhängiger, resilienter und langfristig wettbewerbsfähiger.

Und Niedersachsen macht es vor: Insbesondere bei Ausbau der Erneuerbaren Energien haben wir den Turbo erfolgreich gezündet. Daher müssen die ständigen Angriffe auf Förderprogramme für Gebäudesanierung, Elektromobilität, Wärmepumpen, die Ausbauziele der Erneuerbaren Energien, Grünen Stahl und Wasserstoff aufhören – denn sie verunsichern nicht nur die Verbraucherinnen und Verbraucher, sondern auch die Wirtschaft. 

Wir brauchen endlich Verlässlichkeit und einen klaren Kurs zum Erreichen der Klimaziele – und kein fossiles Rollback in die Vergangenheit. Ein Ausbremsen der Energiewende würde gerade Niedersachsen als Energiewendeland Nr. 1 sehr schaden und das Investitionsvertrauen in Erneuerbare Energien und Transformation zurückwerfen.“

Best-Practice-Beispiele und Booster im Fokus

Als Beispiel für einen Booster der Energiewende stellte Alexandra Berndt vom Energie-Forschungszentrum Niedersachsen das Forschungsprogramm Transformation des Energiesystems Niedersachsen (TEN.efzn) vor. Das Ziel des Programms ist eine strategische Weiterentwicklung und Neuprofilierung der niedersächsischen Energieforschung bis 2030. Daran arbeiten rund 180 Wissenschaftler:innen von 18 Forschungspartnern in sechs eng miteinander verzahnte Forschungsplattformen. TEN.efzn vereint die wesentlichen Stärken der niedersächsischen Energieforschung und erschließt darüber hinaus neue innovative Forschungsfelder.

Im Rahmen einer Blitzlichtrunde und Posterausstellung präsentierten Vertreter:innen aus Wissenschaft, Wirtschaft und Kommunen unterschiedliche Best-Practice-Beispiele, also weitere Booster, für die Energiewende. 

Vier Fachforen mit thematischem Tiefgang

Mit diesen Impulsen gut vorbereitet, starteten die Teilnehmer:innen der NET in die vier Fachforen. Dort konnten sie ihre wichtigsten Themen vertiefen und konstruktiv diskutieren. Dass dabei durchaus kontroverse Standpunkte vertreten wurden, war beim übergeordneten Tagungsthema durchaus erwünscht.

  • Das Fachforum 1 widmete sich der Frage: „Energiewende – was kostet unsere Zukunft?“.

  • Das Fachforum 2 adressierte intelligente Stromnetze und Technologien als Effizienzbooster in Energienetzen.

  • Im Fachforum 3 wurden thematisiert, wie Klimafolgen, Energiewende und neue Lebenswelten einen nachhaltigen Wandel in unserer Gesellschaft bewirken. 

  • Fachforum 4 stellte die Flexibilisierung im Energiesystem in den Fokus. 

Ein Abendprogramm mit viel Fachexpertise und klaren Handlungsperspektiven

Vor dem Abendessen erwartete die Besucher:innen mit dem Abendvortrag zum Thema „Strukturwandel in Deutschland und Europa: Ansätze für eine zukunftsgerichtete Wirtschafts-, Energie- und Forschungspolitik“ von Prof. Dr. Veronika Grimm ein weiteres Highlight. 

Prof. Dr. Grimm, die Mitglied im Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung („Wirtschaftsweise“) und Mitglied im Wissenschaftlichen Beraterkreis Wirtschaft des BMWE ist, skizzierte darin die Sicht der Wirtschaftsweisen auf Deutschland, Europa und die Welt mit Blick auf die Energie- und Forschungspolitik. Sie ordnete insbesondere ein, welche Möglichkeiten hierzulande für die Transformation bestehen und auf welche Rolle im internationalen Kontext sich Deutschland fokussieren solle. 

Dazu müsse, so Grimm, die Wachstumsagenda auf Innovation setzen. Es gelte, die Innovationsförderung neu auszurichten; dabei bedeute High Risk High Impact. Mittels innovationsorientierter Regulierung könnten Standards früh mitgestaltet und ein fairer Wettbewerb gesichert werden. Wichtig sei ebenfalls, eine Skalierung zu ermöglichen. Dazu müsse der Blick auf Europa vertieft, globale Partnerschaften müssten gestärkt werden. Die Standortattraktivität lasse sich schließlich erhöhen, indem Steuern gesenkt, Regulierung abgebaut und der Arbeitsmarkt flexibilisiert würden. 

Am zweiten Tag der NET wurden die Ergebnisse aus den Fachforen für alle Teilnehmenden vorgestellt und in einer Reflexionsrunde mit Dr. Anna Meincke von der Stabsstelle Innovation und Wettbewerbsfähigkeit der Niedersächsischen Staatskanzlei eingeordnet. 

Prof. Dr. Sebastian Lehnhoff, Vorstandssprecher des efzn, zeigte sich erfreut darüber, „dass wir mit der Auswahl dieses brandaktuellen Themas auch mit der 17. Auflage der Niedersächsischen Energietage wieder absolut den Nerv getroffen haben.“

Programm und Vortragsfolien

Dienstag, 2. Dezember 2025

11:00 UhrGet-together im Alten Rathaus Hannover
12:00 UhrBegrüßung
Prof. Dr. Sebastian Lehnhoff, Vorstandssprecher des efzn
Energiewende - Belastung oder Booster?
12:05 UhrImpulsvortrag:
Wie ist der Stand der Diskussion?
Prof. Dr. Sebastian Lehnhoff, Vorstandssprecher des efzn
12:20 UhrEinordnung des Themas aus Sicht der Landesregierung
Grant Hendrik Tonne, Niedersächsischer Minister für Wirtschaft, Verkehr und Bauen und diesjähriger Schirmherr der NET
12:45 Uhr

Statements und Paneldiskussion

  • Christian Meyer, Niedersächsischer Minister für Umwelt, Energie und Klimaschutz
  • Tobias Averbeck, Bürgermeister der Gemeinde Bakum
  • Bianca Beyer, stellv. Hauptgeschäftsführerin der Unternehmerverbände Niedersachsen (UVN)
  • Stefan Dohler, Präsident des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) 
    und Vorstandsvorsitzender der EWE AG
  • Prof. Dr. Sebastian Lehnhoff, Vorstandssprecher des efzn
  • Matthias Otte, Abteilungsleiter Ausbau Stromnetze bei der Bundesnetzagentur
Booster der Energiewende
13:45 UhrForschungsprogramm „Transformation des Energiesystems Niedersachsen“ (TEN.efzn)
13:50 UhrBlitzlichtrunde zur Posterausstellung
14:00 UhrKaffeepause mit Posterausstellung
Fachforen
15:00 Uhr

Fachforum 1:
Energiewende – Was kostet unsere Zukunft?

Fachforum 2:
Effizienzbooster in Energienetzen – Intelligente Stromnetze und Technologien
 
Fachforum 3:
Gesellschaft im Wandel: Klimafolgen, Energiewende und neue Lebenswelten

Fachforum 4:
Flexibilisierung im Energiesystem

Ausführliche Informationen zu den Inhalten der Fachforen sowie die Präsentationsfolien der jeweiligen Vorträge finden Sie weiter unten.

Abendveranstaltung
18:00 UhrEmpfang im Festsaal
19:00 UhrAbendvortrag im Festsaal:
Strukturwandel in Deutschland und Europa: Ansätze für eine zukunftsgerichtete Wirtschafts-, Energie- und Forschungspolitik
Prof. Dr. Veronika Grimm, 
Mitglied im Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung („Wirtschaftsweise“), 
Mitglied im Wissenschaftlichen Beraterkreis Wirtschaft des BMWE

Gemeinsames Abendessen

Mittwoch, 3. Dezember 2025

09:00 UhrFortführung der Fachforen
11:00 UhrKaffeepause
11:30 UhrErgebnisse aus den Fachforen und Reflexion 
mit Dr. Anna Meincke und Vanessa Albowitz, Stabsstelle Innovation und Wettbewerbsfähigkeit der Niedersächsischen Staatskanzlei
12:30 Uhr

Schlusswort des efzn

Mittagsimbiss und Ende der Veranstaltung

Blitzlichtrunde und Posterausstellung

Booster für den Standort Deutschland

Übersicht der vorgestellten Themen

Energy Sharing mit kommunalen Gebäuden in Bakum

Tobias Averbeck, Bürgermeister der Gemeinde Bakum

Smart Energy Region Lüneburg, ein Projekt aus dem E.ON Lab

Florian Hintz / Amadou Diarouga Sow, Avacon Netz GmbH

Geothermie-Projekt DemoCELL

Sebastian Jung, Baker Hughes

Regionale Marktplätze und systemdienliche PPAs

Henrik Wielert, Landesverband Erneuerbare Energien Niedersachsen/Bremen

bhyo-to-liquid - Das Schließen von Stoffströmen

Stefan Rößler, BHYO GmbH

Flexible Energieträger für die Energiewende: Entwicklung eines Open-WebGIS zur digitalen Analyse von PtG-Potentialen an dezentralen Energiestandorten

Jonas Berndmeyer, NEFINO GmbH

Energiesysteme und -infrastruktur - Strom, Gas und Wärme zukunftsfähig gedacht

Torsten Landshöft, Klimaschutz- und Energieagentur Niedersachsen

Kurs Klimaneutralität: Auf dem Weg in die resiliente Wirtschaft der Zukunft

Britta Hirschberger, Niedersachsen Allianz für Nachhaltigkeit

Niedersachsen – Powering a Green Future

Luis Peters, Niedersachsen.next

Klimawandelfakten

Lena Hübsch, Nds Umweltministerium und Nds. Kompetenzzentrum Klimawandel 

KEDi | Kompetenzzentrum Energieeffizienz durch Digitalisierung

Thomas Koutalidis / Philipp Roth, KEDi (dena) / Jena Wohnen

Transformation des Energiesystems Niedersachen - TEN.efzn

Alexandra Berndt, efzn

Fachforen

Fachforum 1:

Energiewende – Was kostet unsere Zukunft?

Fachreferate

Klimawandel hat einen Preis – ökonomische Risiken und politische Verantwortung
Vera Künzel, Germanwatch e.V.

Wirtschaft im Wandel: Chancen und Herausforderungen für die mittelständige Wirtschaft
Dr. Daniel Kipp, MCON Dieter Meyer Consulting GmbH

Grüne Energie, starke Industrie: Wir befinden uns mitten in der Transformation und benötigen jetzt passende Rahmenbedingungen, um das Projekt zum Erfolg zu bringen
Dr.-Ing. Stefan Mecke, Salzgitter AG

Raum schaffen, Wert gewinnen: Flächenbereitstellung für Erneuerbare Energien als wirtschaftlicher Vorteil
Dr. Jan-Hendrik Piel und Jonas Berndmeyer, Nefino GmbH

Zusammenfassung der Ergebnisse

Booster für die Energiewende

  • Leuchtturmprojekte:
    • sichtbare, motivierende Beispiele gelungener Transformation - zeigen, „was geht“ und schaffen Orientierung
  • Standortpotentiale in Norddeutschland
  • Pragmatische Lösungen, die Potentiale vor Ort bestmöglich nutzen dürfen (weniger Regulierung)

Belastungen / Hemmnisse

  • Klimaschutz lohnt sich, aber Kosten der Klimakrise und Kosten für Klimaschutz werden nicht zusammen gedacht
  • Datengrundlagen fehlen, Datenerhebung fällt schwer (Regulatorik)
  • Regulatorik und Bürokratie

Diskutierte Lösungsansätze

  • Wir brauchen Anreize, die Energiewende volkswirtschaftlich günstig zu gestalten
  • Systemisches Denken und ganzheitliche Betrachtungsweise
  • Über den Tellerrand schauen, auch international (Dänemark, Niederlande, …)

Vorschläge an die Politik

  • Gesamtwirtschaftlichen Blick auf Klimaschutz stärken:
    • Kosten der Klimakrise und Kosten des Klimaschutzes zusammen betrachten
    • Klimaschutz als wirtschaftliche Chance statt als Belastung wahrnehmen
  • Niedersachsens Potenziale strategisch nutzen:
    • enorme Chancen der Wertschöpfung durch Erneuerbare, Wasserstoff, Sektorkopplung
    • Grüne Energie als Standortfaktor
  • Regulatorische Hemmnisse reduzieren:
    • Mikromanagement über Regulatorik vermeiden
    • Was technisch möglich und volkswirtschaftlich sinnvoll ist, darf regulatorisch nicht abgewürgt werden
  • Mehr systemisches Denken und ganzheitliche Betrachtungsweise für die Energiewende:
    • zielorientiert, schneller und volkswirtschaftlich optimiert

Fachforum 2:

Effizienzbooster in Energienetzen – Intelligente Stromnetze und Technologien

Fachreferate

Impuls zur Netz-, Markt- und Systemdienlichkeit
Merle Ferk, TU Braunschweig

Kurativer Betrieb – Netzneutralität als Chance?
Luka Gildehaus, EWE Netz GmbH

PV und Windkraft: intelligenter Ausbau auf Basis der Studie zur Überbauung der Netzverknüpfungspunkte?
Dr. Matthias Stark, Bundesverband Erneuerbare Energie e.V.

Netzdienliche Elektrolyseure vs. Batteriespeicher
Angela Brandes, Avacon Netz GmbH, und Elisabeth Feldhoff, Bayernwerk Netz GmbH

Prototyp der Wasserstoff-Kraftwerke – wie weit ist die Forschung?
Prof. Dr. Karsten Oehlert, Jade Hochschule Wilhelmshaven

Wasserstoffturbinen zur Dekarbonisierung der Residuallast – Status Quo und Ausblick
Erik Zindel, Siemens Energy AG

Organischer Wasserstoff aus biogenen Reststoffen
Stefan Rößler, bhyo GmbH

Zusammenfassung der Ergebnisse

Booster für die Energiewende

  • Möglichst schneller Kohleausstieg: verursacht 30% der Emissionen
  • Raus aus dem Silodenken: Systemischer mit Blick auf Gemeinschaftsinteressen herangehen, Praxistransfer, auf Umsetzbarkeit fokussieren
  • Bessere Auslastung aller bestehenden Infrastrukturen, Überbauung, FCA, kuratives Denken fördern, Ausbaufiktion vermeiden, “Campingplatz-Modell“, Sektorkopplung stärken
     

Belastungen / Hemmnisse

  • Unklarheit, ob wir mehr oder weniger Regulatorik, Steuerung, Lenkung etc. wollen
  • Extrem lange Realisierungszeiten, z.B. für Erneuerbare, Infrastrukturen (Kraftwerke und Netze), Pilotanlagen
  • Kostenineffizienz und Ressourcenverschwendung
  • §13k EnWG „Nutzen statt abregeln“ hat zu strenge Zusätzlichkeitskriterien
     

Diskutierte Lösungsansätze

  • Vereinfachte Genehmigungsverfahren, insbesondere mit Blick auf Realisierungszeiten
  • Einheitlichere Vorgehensweisen bei Anlagen von überragendem öffentlichem Interesse und den zugehörigen Infrastrukturen (z.B. HS-Netze) analog zum Vorgehen der ÜNB
  • „250% Überbauung am Netzverknüpfungspunkt“ inkl. Musterverträge (§ 8a EEG), Neubewertung der Planungsansätze, z.B. Einbeziehung des kurativen Betriebs
  • Vereinfachung des Ausschreibungsprozesses § 11a EnWG „Ausschreibung von Energiespeicheranlagen, Testlegungskompetenz“
  • Kausalitätsumkehr: Nicht der Batteriespeicher sucht sich irgendeinen Ort, sondern gemeinsamer Blick auf vorhandene Kapazitäten („Netzneutralität“)
     

Vorschläge an die Politik

Benötigt werden:

  • Anlaufstelle für innovative Erkenntnisse aus der Praxis
  • viele Verfahrensvereinfachungen
  • ein zentraler Sammelpunkt zum Praxistransfer
  • ein intensiver Einsatz für die vom Fachforum ermittelten Booster und Lösungsansätze
     

Fachforum 3:

Gesellschaft im Wandel: Klimafolgen, Energiewende und neue Lebenswelten

Fachreferate

Was passiert, wenn nichts passiert – Problemaufriss: Klimawandel & Klimafolgenanpassung
Lena Hübsch, Niedersächsisches Kompetenzzentrum Klimawandel

Energiewende – eine Arena der Demokratie
3 Perspektiven unter der Lupe: Akzeptanz, Beteiligung und Erwartungen diverser Akteure
Anna Theis (VISTRA), Sören Messinger-Zimmer (SOFI, FGZ), Neneh Braum (VISTRA)

Akzeptanz als Voraussetzung für eine erfolgreiche Energiewende – ein Beispiel aus der Gebäude-Digitalisierung
Thomas Koutalidis, Kompetenzzentrum Energieeffizienz durch Digitalisierung, und Philipp Roth, jenawohnen GmbH

Strukturwandel, Fachkräfteengpässe, Transformationskosten – sind Beschäftigte und Wirtschaft vom Tempo der Energiewende überfordert?
Felix Fleckenstein, Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB)

Kein Wandel ohne Fachkräfte – Notwendige Weichenstellungen in der Bildungspolitik
Olaf Brandes, Stiftung NiedersachsenMetall Hannover

Zusammenfassung der Ergebnisse

Booster für die Energiewende

  • Insgesamt eher realistischer Blick notwendig: Energiewende ist sowohl Booster als auch Belastung; industrieller Strukturbruch?
  • Begleitforschung (Bsp. jenawohnen, Energiegenossenschaften) – sowohl technisch als auch sozialwissenschaftlich

Belastungen / Hemmnisse

  • Energiepreise künstlich/politisch gewollt zu hoch; Wärmepumpen zu teuer (z.B. im Vergleich zu Frankreich)
  • Frustration in/durch exkludierende Beteiligungsprozesse(n): Deliberative Beteiligung im Angesicht der Komplexität der Energiewirtschaft und -technik umsetzbar?
  • Mangelnde Verteilungsgerechtigkeit
  • Mangel an Bildungsqualität und Berufsorientierung in den Schulen
  • Grundsätzliche Neuaufstellung kommunaler Finanzen/Bewertungen notwendig (Gestaltung statt Verwaltung)

Diskutierte Lösungsansätze

  • Dynamische Strompreise; reduzierte Netzentgelte; Regularien öffnen
  • inklusivere Formen von Beteiligung/kollektivem Handeln (Bsp. Bürgerenergieräte; Belegschaftsenergiegenossenschaften); Skalierung auch außerhalb der „grünen“ Bubble
  • Kompetenzen junger Menschen stärken (insb. MINT); mehr Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE)
  • Psychologische Aspekte: Begeisterung; Motivation; Aufbruchstimmung; Vertrauen; Verantwortung
  • Spezifischer Umgang mit unterschiedlichen Milieus und Identifikation von zentralen Multiplikator:innen

Vorschläge an die Politik

  • Zentrale politische Aufgabe: Sicherheit geben im Wandel; Vertrauen (zurück)gewinnen (Institutionenvertrauen)
  • Empfehlung: Debattenräume in Niedersachsen eröffnen unter Einbezug aller relevanten Akteure und unterschiedlichen Milieus für Zukunftsfragen (u.a. Verteilungsfragen der Energiekosten, Fachkräftemangel, Bildungsfragen)

Fachforum 4:

Flexibilisierung im Energiesystem

Impulse und Lösungen rund um Nachfrage, Speicher, Steuerung, Bildung und regionale Umsetzung

Fachreferate

Flexibilitätspotenziale bei der Grünstahlerzeugung: 24/7-Produktion bei fluktuierendem Grünstromangebot
Ralph Schaper, Salzgitter Flachstahl GmbH

Integration von grünem Wasserstoff in das Energiesystem am Beispiel von Clean Hydrogen Coastline
Dr. Geert Tjarks, EWE HYDROGEN GmbH

Wissen schafft Wandel: neuer Studiengang Batterie- und Wasserstofftechnologien
Marcus Gapinski und Dr.-Ing. Jutta Janßen, TU Braunschweig

Reallabor Energiewende – regionale Vernetzung als praktisches Modell für die Zukunft
Marcus Meyer, Bürgermeister Flecken Steyerberg, und Dr. Klaus Puell, Oxxynova GmbH, Greentec Park Steyerberg

Resiliente elektrische Energieversorgung
Prof. Dr.-Ing. Hans-Jürgen Pfisterer, Hochschule Osnabrück

Zusammenfassung der Ergebnisse

Booster für die Energiewende

  • Mehr Marktvertrauen – weniger Regulierung: Verlässliche Rahmenbedingungen schaffen, um Investitionen zu fördern
  • Standortvorteile konsequent nutzen: Reallabore, Kavernen, Netzinfrastruktur und vorhandene Abnehmer optimal einbinden
  • Systemdienlichkeit definieren und verankern: Sowohl bei der Standortwahl als auch in der Betriebsweise berücksichtigen. Was ist systemdienlich? Differenzierung: Gesetzgeber und BNetzA (H2, Strom, Wärme), netzdienlich?
  • Fachkräftesicherung stärken: Durch gezielte Qualifizierungs- und Weiterbildungsangebote
  • Energiespeicher ausbauen: Wasserstoff- und Batteriespeicher zur Erhöhung der Systemflexibilität vorantreiben
  • Systemrelevanz aller Technologien anerkennen: Wasserstoff- und Batterietechnologien als integrale Bestandteile des Energiesystems verankern
  • Intelligentes Lastmanagement für mehr Wirtschaftlichkeit

Belastungen / Hemmnisse

  • Herausforderungen: Komplexität, Prognosegenauigkeit für Strompreise / EE-Angebote / Betriebsstörungen
  • Mangelnde Planungssicherheit, unsichere Investitionsbedingungen
    • verursacht durch häufige Änderungen von Vorgaben / im regulatorischen Rahmen
    • /europäisch-deutscher ‚Regulierungswahnsinn‘ wie z.B. reine Grünstromspeicher, Grünstrom mit gekoppelten HKNs oder unterschiedliche Netznutzungsentgelte
  • Steigende Kosten für die Wasserstoffproduktion, insbesondere durch auslaufende Förderprogramme und hohe Gestehungskosten
  • Unterschiedliche Planungshorizonte: Während regulatorische Vorgaben meist auf fünf Jahre ausgelegt sind, planen Unternehmen mit Zeiträumen von zehn Jahren und mehr
  • Langfristige Wirtschaftlichkeit bleibt der zentrale Faktor für Skalierung und Markthochlauf
  • Herausfordernde Preisstruktur für Wasserstoff: Hohe Kosten für Produktion, Transport und Speicherung von grünem Wasserstoff treffen auf eine geringe Zahlungsbereitschaft der Anwender – ein wesentlicher Grund für den stockenden Markthochlauf
  • Regulatorische Anforderungen erhöhen die Bereitstellungskosten, etwa durch Strombezugskriterien oder die Perspektive künftiger Netzentgelte. Gleichzeitig fehlt eine ausreichende Offtake-Unterstützung, sodass die Zahlungsbereitschaft im Markt nicht das notwendige Niveau erreicht
     

Diskutierte Lösungsansätze

  • Reale wirtschaftliche Anreize schaffen, die systemdienliches Verhalten fördern, Investitionen erleichtern, den lokalen Verbrauch und funktionsfähige Verbrauchernetze schaffen
  • Regulatorik sinnvoll anpassen, um Markthochlauf und Planungssicherheit zu unterstützen – einschließlich einer Anpassung der Netzentgeltsystematik
  • Ohne Wasserstoff keine Energiewende. Systemischen Charakter von Wasserstoff anerkennen und entsprechend im regulatorischen Rahmen verankern – als Voraussetzung für eine umfassende Dekarbonisierung
  • Langfristige Stabilität bei Vergütungs- und Fördermechanismen sicherstellen, um nachhaltige Technologien zuverlässig zu skalieren, Kontinuierliche Fördermechanismen schaffen
  • Nachfrage stärken, etwa durch Unterstützung der Abnehmer in der frühen Marktphase, z. B. über Leitmärkte oder Vertragsmodelle wie CfDs
  • Fachkräfte sichern, insbesondere für Wasserstoff- und Batteriespeichertechnologien, durch gezielte Aus- und Weiterbildungsangebote (In- und Ausland)
  • Systemische Integration fördern, indem regulatorische Vorgaben und Anreizstrukturen stärker auf Flexibilisierung und Speichertechnologien ausgerichtet werden
  • Mehr Resilienz der Verteilnetze
  • Plugin „Multiuse“ Gewerbegebiete mit optimalen Voraussetzungen für die Integration erneuerbarer Energien schaffen
  • Bidirektionales Laden schafft Flexibilisierung im Energiesystem

Vorschläge an die Politik

  • Mehr Planungssicherheit, sichere Investitions- und Förderbedingungen, Regulierung sinnvoll abbauen
  • Orts- und zeitabhängige Strompreisanreize, System- und Netzdienlichkeit definieren und verankern
  • Leitmärkte für grüne Produkte
  • Sicherung der Fachkräfte für zentrale Technologien der Energiewende durch gezielte Aus- und Weiterbildung
     

Die Partner der 17. Niedersächsischen Energietage