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Goslar. Die Erreichung der Klimaschutzziele bis 2045 ist neben der technischen Dimension vor allem auch eine große gesamtgesellschaftliche Herausforderung. Das Zusammenspiel zwischen den wissenschaftlichen Disziplinen und die Rolle der Wissenschaft als Kommunikator in die Gesellschaft sind dabei entscheidende Erfolgsfaktoren. Vor diesem Hintergrund fand Ende Juni 2021 ein EFZN-Forschungsworkshop statt. Denn das EFZN bietet ein enormes interdisziplinäres Potential an der Schnittstelle zwischen Technik- und Gesellschaftswissenschaften. „Dieses Potential sollten wir in Zukunft noch stärker und gezielter nutzen“, sagte EFZN-Vorstandsmitglied Professor Berthold Vogel vom Soziologischen Forschungsinstitut Göttingen (SOFI). „Als Wissenschaftler*innen haben wir eine Verantwortung gegenüber der Gesellschaft. Unsere Forschungen dürfen nicht als Themen einer Elite wahrgenommen werden. Wir müssen uns fragen, wie wir mit unserer Forschung die Gesellschaft erreichen und unsere Ansätze und Erkenntnisse zu einem gesellschaftlichen Anliegen von vielen machen können. Es geht darum, technischen mit sozialem Fortschritt zu verknüpfen.“

Da disziplinäres Forschen allein diese Herausforderung nicht meistern kann, stand das Thema Interdisziplinarität im Zentrum des im Online-Format durchgeführten Workshops. Um ein gemeinsames Bewusstsein für Interdisziplinarität im EFZN zu schärfen, wurden bestimmte Fragestellungen aus den Blickwinkeln der verschiedenen Teildisziplinen am Beispiel der Quartiersenergiesysteme beleuchtet. „Das Thema Quartiersenergiesysteme eignet sich gut als gemeinsamer Gegenstand für unseren Workshop, weil der Klimaschutz einen Paradigmenwechsel braucht. Die Energiewende kann nicht nur im ländlichen Raum (und Offshore) gelingen, sondern sie muss wesentlich auch in städtischen und vorstädtischen Quartieren mitgetragen und durchgeführt werden“, stellte Professor Bernd Engel vom Braunschweiger elenia Institut für Hochspannungstechnik und Energiesysteme als These dem Impulsvortrag voran, den er gemeinsam mit dem Psychologen Professor Frank Eggert hielt.

Impulsvorträge der drei EFZN-Vorstandsmitglieder Vogel, Engel und Lehnhoff bildeten gemeinsam mit einem externen wissenschafts- und forschungspragmatischen Impuls von Professor Jens Kersten von der Ludwig-Maximilians-Universität München den Auftakt des Workshops. Der Jurist griff in seinem Vortrag die Klimaschutzgesetz-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts auf und erläuterte die Frage, inwiefern darin ein dynamischer Impuls für Interdisziplinarität zu sehen ist. Frei nach Erich Kästner ermutigte er die EFZN-Wissenschaftler*innen, interdisziplinär zu denken und zu forschen: „Es gibt nichts Gutes, außer: Man tut es!“. Inwieweit dies bereits erfolgreich praktiziert wird, zeigte anschließend Professor Sebastian Lehnhoff vom Oldenburger OFFIS Institut für Informatik anhand von zwei Projekten auf, in denen interdisziplinär zu Quartiersenergiesystemen geforscht wird. „Die Entwicklung identitätsstiftender Anreiz- und Partizipationsmodelle zur nachhaltigen gemeinsamen Bewirtschaftung verfügbarer Ressourcen ist eine wesentliche Grundlage. In Zukunft müssen wir unseren wissenschaftlichen Fokus in diesem Bereich aber noch stärker darauf richten, wie sich die bedarfsgerechte Entwicklung eines nachhaltigen Quartiers auch im Bestand umsetzen lässt“, richtete der Energieinformatiker den Blick auf weiteren Forschungsbedarf.   

Im zweiten, interaktiven Teil des Workshops arbeiteten die Teilnehmer*innen daran anknüpfend gemeinsam in verschiedenen Teilworkshops heraus, was Interdisziplinarität für die EFZN-Wissenschaftler*innen für die tägliche gemeinsame Forschung darüber hinaus bedeutet. Dabei wurde bewusst offengelegt, wie unterschiedlich manches durch die Brille der verschiedenen Disziplinen verstanden wird. Aus diesem Perspektivwechsel wurden am Ende des Workshops ein besseres gegenseitiges Verständnis und nicht zuletzt neue Impulse für die zukünftige interdisziplinäre Zusammenarbeit gewonnen. „Die technischen Lösungen sind vielfach da – warum werden sie nicht umgesetzt? Allein eine Ahnung davon bekommen zu haben, worauf solche Frustrationserfahrungen an der Schnittstelle zwischen Technik- und Gesellschaftswissenschaften zurückzuführen sind, bildet einen erheblichen Motivationspunkt für künftige EFZN-Forschung. Das sind die dicken Bretter, die wir im EFZN gemeinsam interdisziplinär bohren können“, so das Resümee von EFZN-Vorstandssprecher Professor Richard Hanke-Rauschenbach von der Leibniz Universität Hannover, der als Moderator durch den Workshop führte.

 

Kontakt:

Dr. Diana Schneider

Energie-Forschungszentrum Niedersachsen (EFZN)                                

Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

E-Mail: diana.schneiderefznde

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