Artikel teilen:

Goslar. Mitte Juni fand die zweite Dialogplattform Power to Heat des Energie-Forschungszentrums Niedersachsen (EFZN) in Goslar statt. Rund 70 Fachleute aus Industrie und Wissenschaft diskutierten den Themenkomplex und stellten fest, dass die Technik bereits weiter ist als der regulatorische Rahmen.

Power to Heat, die Nutzung von Strom für thermische Anwendungen, ist ein wichtiger Teil eines zukünftigen, die Energiesektoren übergreifenden Energiesystems. Wird das gelingen? Aus den Vorträgen und Diskussionen im Verlauf der Tagung wurde deutlich, dass diese Kopplung technisch auf einem gutem Weg ist, regulatorisch der Strom- und Wärmemarkt zunächst aber weiterhin getrennt bleiben, was eine wirtschaftliche Nutzung erschwert, wenn nicht gar unmöglich macht. 
Den Höhepunkt der diesjährigen Dialogplattform Power to Heat stellte daher die Podiumsdiskussion zum Thema „Regulatorische Rahmenbedingungen“ dar, bei nochmals betont wurde, dass der derzeitige Regulierungsrahmen den Primärenergieträger der Zukunft, Strom, finanziell stärker belastet, während die Primärenergieträger der Vergangenheit, Kohle und Erdgas, aus rein wirtschaftlichen Erwägungen heraus attraktiv bleiben. Als Kritikpunkte und zugleich Lösungsansätze wurden auf der Veranstaltung identifiziert:

  • Pro Kilowattstunde beträgt die Konzessionsabgabe für Strom und die Stromsteuer ca. das Vierfache dessen, was bei einer Kilowattstunde Erdgas berechnet wird.
  • Die Finanzierung der Energiewende wird ausschließlich von den Stromkunden bezahlt und ist als Einzelposten auf der Stromrechnung höher als der Gaspreis inkl. aller Steuern, Abgaben und Umlagen.
  • Sogar die KWK-Umlage, die den hocheffizienten Betrieb von Anlagen zur gleichzeitigen Produktion von Strom und Wärme finanziell unterstützt, wird ausschließlich den Stromkunden belastet.

Windkraftanlagen, die wegen Netzüberlastungen kurzfristig abgeregelt werden müssen, können derzeit den Strom nicht zum Betrieb eines Elektrokessels an einen benachbarten Industriebetrieb liefern, ohne die Einspeisevergütung zu verlieren. Oder vielleicht doch? Die Kosten zur rechtlichen Klärung dieses Sachverhaltes dürften sich durchaus im Bereich der Investitionskosten für Kessel, Leitungen und Pumpen bewegen. Für den Industriebetrieb wäre es ohnehin wirtschaftlicher Erdgas zu verwenden, es sei denn, er würde für die Nutzung des Stroms über einen negativen Strompreis bezahlen. Kaum ein Vortrag zu den technischen Fragestellungen und zur Analysen der Potentiale von Power to Heat wurde gehalten, in dem die Problematik des ungenügenden regulatorischen Rahmens nicht spätestens bei der Diskussion auftauchte.

Eine wichtige technische Komponente zur Kopplung von Strom und Wärme sind Wärmepumpen. Bei einer Arbeitszahl von 3-4, für gut ausgelegte moderne Wärmepumpen eher noch ein geringer Wert, wird durch die eingesetzte elektrische Energie das 3-4-fache an Energie aus Erdgas verdrängt. Gekoppelt mit größeren Wärmekapazitäten in Gebäuden und Anlagen kann die Wärmepumpe zusätzlich auch noch netzdienlich betrieben werden. Sie kann in diesem Sinne dazu beitragen, die Spannungsqualität zu verbessern, Strom nur bei niedrigen Preisen und Stromüberschüssen zu verwenden oder am Regelenergiemarkt zur Stabilisierung der Netzfrequenz des Stromnetzes beitragen.
„Windheizungen“ nutzen das mit dem Wärmebedarf in Gebäuden synchron verlaufende Angebot an Windkraft. Hausbesitzer können schon heute ca. 180€ pro Jahr erwirtschaften, wenn ihr Heizkessel mit einer kleinen elektrischen Heizpatrone zur Bereitstellung von Sekundärregelleistung ausgestattet wird. Im Industriesektor sind bereits deutlich über 600 MW Elektroheizkessel, von einigen hundert kW bis einigen zig MW installiert, die negative Sekundärregelleistung zur Stabilisierung des Stromnetzes anbieten können. Die Flexibilisierung des Stromversorgungssystems mittels Power to Heat ist somit bereits weit fortgeschritten, wirtschaftlich und ökologisch sinnvoll. Der Erfolg führt zu sinkenden Preisen am Regelmarkt und begrenzt den weiteren Einsatz für den Regelmarkt. Es sei nicht zu wenig Flexibilität im System vorhanden, sondern so viel, dass die Preise stark gefallen sind, so ein Teilnehmer der Veranstaltung.

Als ein besonderer Erfolg der Tagung wurde herausgestellt, dass eine weitere, bisher wenig beachtete Lösungsmöglichkeit zur Umsetzung der Energiewende über eine Sektorkopplung  – Power to Heat –  zur CO2-freien Heizung und Kühlung von Fachleuten vorangetrieben wurde. Es ist geplant, die Veranstaltungsreihe mit den Mitveranstaltern VDE (Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik e.V.) und KEAN (Klimaschutz- und Energieagentur Niedersachsen) im kommenden Jahr in Berlin fortzusetzen

Die freigegebenen Vorträge finden Sie hier.

Artikel teilen:
Zurück